11.04.2018 -
Beim Blick in die Zeitung könnte man meinen, dass die Zinswende bereits eine ausgemachte Sache ist. Unseres Erachtens dürften Sparer aber vergeblich darauf warten. Wir erklären, warum das so ist.
Wenn man zuletzt in den Wirtschaftsteil der Zeitung blickte, konnte man tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass die Zinswende bereits eine ausgemachte Sache ist. Nur noch eine Frage der Zeit, bis die Zinsen wieder hochgehen. Und tatsächlich: Im ersten Quartal dieses Jahres stiegen die Renditen von zehnjährigen Bundesanleihen zwischenzeitlich von 0,5 auf fast 0,8 Prozent.
Ein Anstieg! Der allerdings nicht lange vorhielt. Zuletzt fiel die Rendite der „Zehnjährigen“ wieder unter 0,5 Prozent. Und: Sind solche temporären Bewegungen am Anleihemarkt von weniger als 30 Basispunkte schon eine Zinswende?
Wohl eher nicht. Unseres Erachtens kann man von einer Zinswende sprechen, wenn der Zins wieder auf Niveaus zurückkehrt, die wir vor dem Ausbruch der Finanzkrise gesehen haben. Das würde aber einen Anstieg auf deutlich mehr als vier Prozent für langlaufende Bundesanleihen bedeuten. 400 statt 30 Basispunkte. Eine Zinswende würde zudem bedeuten, dass Anleihen von Ländern wie Italien mit einem deutlichen Renditeaufschlag gegenüber deutschen Anleihen auf den Markt gebracht werden müssten.
Denn wenn wir tatsächlich von einer Zinswende, die ihren Namen auch verdient, ausgehen, dann bedeutet das im Übertrag auf Italien ein Zinsniveau, das den Staatshaushalt sprengen würde. Angesichts der hohen Staatsverschuldung Italiens von rund 130 Prozent des Bruttoinlandproduktes erscheint ein veritabler Zinsanstieg unmöglich – er würde schlicht die Zahlungsunfähigkeit Italiens bedeuten und sehr wahrscheinlich das Ende der Währungsunion in der Form, wie wir sie kennen. Da aber das Wort von EZB-Präsident Mario Draghi weiterhin gilt, den Euro um jeden Preis zu erhalten („whatever it takes“), ist dies wohl kein wahrscheinliches Szenario.
Eher unwahrscheinlich dürfte aus unserer Sicht auch ein Szenario sein, bei dem Deutschland in der Eurozone einer uneingeschränkten Risikoübernahme für sämtliche Verbindlichkeiten der anderen Euro-Mitglieder zustimmen würde. Zumal nicht sicher ist, dass der konjunkturelle Aufschwung in der Eurozone unverändert anhält. Vor diesem Hintergrund dürfte es in den kommenden anderthalb Jahren wohl keine wesentliche Erhöhung der Leitzinsen geben. Eventuell verabschiedet sich die Europäische Zentralbank vom negativen Einlagenzins und macht einige kleine Zinsschritte. Viel mehr dürfte dann eher nicht kommen – denn das würde die Länder wie Italien, Spanien oder Portugal überfordern.
Und in anderen Währungsräumen? Auch hier besteht unseres Erachtens kein großes Risiko für einen starken Renditeanstieg: In Japan ist seit vielen Jahren der Nullzins gleichsam zementiert, eine Abkehr von dieser Politik nicht erkennbar. Und auch in den USA dürfte die US-Notenbank Federal Reserve angesichts protektionistischer Tendenzen in der US-Wirtschaftspolitik eher nicht zu einer aggressiven Politik steigender Zinsen zurückkehren.
Was bleibt? Zwar erhoffen viele Marktteilnehmer eine Zinswende. Unseres Erachtens aber ist eine Rückkehr zu Zinsniveaus vor der Finanzkrise durch hohe Schulden dauerhaft verbaut. Aktien bleiben in dem Zusammenhang langfristig attraktiv.
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