12.03.2019 -
Die Notenbanken bleiben bei ihrer expansiven Geldpolitik. Portfoliomanager Frank Lipowski erklärt, was das für den Anleihemarkt bedeutet – und warum er US-Dollar-Papiere aktuell eher meidet.
Herr Lipowski, stehen wir vor einer Rezession?
Frank Lipowski: Soweit würde ich nicht gehen. Wir haben natürlich keine Kristallkugel. Unseres Erachtens spricht aber einiges dafür, dass das Wachstum zwar schwächer wird, es aber nicht zu einem scharfen Einbruch kommt.
Was macht sie so optimistisch?
Die USA bleibt das Zugpferd für das globale Wachstum. Daran ändern auch die im Februar eher schwächeren Arbeitsmarktdaten wenig. Die Wachstumsprognosen fielen zuletzt besser aus als erwartet.
Und China?
Die Regierung reagierte auf die jüngste Wachstumsschwäche mit neuen Stimuli, die erst einige Monate später ihre Wirkung zeigen. Würden die Wachstumsimpulse Pekings greifen, könnte diese neue Dynamik – zusammen mit dem bestehenden Rückenwind aus den USA – der Weltkonjunktur ab Sommer dieses Jahres sogar einen temporären Schub bringen. Das wäre eine positive Überraschung für den Markt.
In Europa sieht es weniger gut aus.
Stimmt, der alte Kontinent gönnt sich mal wieder eine Verschnaufpause. Hier gibt es zahlreiche ökonomische und politische Probleme. Auch wenn die Industrie zuletzt schwächelte, rechnen wir aber auch hier nicht mit einer scharfen Rezession. Der Konsum in den meisten Euro-Ländern bleibt robust.
Auf den Anleihemärkten ging es in den vergangenen Monaten turbulent zu.
Die Stimmung zum Jahreswechsel, war miserabel – deutlich schlechter als die Datenlage es erzwungen hätte. Die Zinsen von sicheren Papieren wie deutsche Bundesanleihen oder US-Staatsanleihen fielen tief. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) legt eine Pause in ihrem Zinspfad ein. Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt ihrer expansiven Geldpolitik ja schon seit Jahren treu …
… und schloss Anfang März Zinserhöhungen für 2019 aus. Die Banken sollen auch in den nächsten Jahren mit günstigen Krediten in einem deutlich dreistelligen Milliarden-Euro-Volumen versorgt werden.
Ankündigungen wie diese haben den Markt sediert. Die Folge ist eine örtliche Betäubung durch die Notenbanken: Neben den Zinsen fielen auch die Kursschwankungen am Zinsmarkt auf noch nie da gewesene Tiefstände. Die Anleger haben kapituliert. Die Zinsen sind nicht nur tief, kaum einer erwartet noch einen nennenswerten Anstieg.
Wie geht der Portfoliomanager eines Anleihefonds mit dieser Situation um?
Wir fühlen uns natürlich bestätigt, in unserem Weltbild erklären wir ja schon seit Jahren, dass die Zinsen nicht mehr deutlich steigen werden. Andererseits werden wir immer dann misstrauisch, wenn am Markt scheinbar alle in eine Richtung laufen.
Bitte erklären Sie uns das etwas genauer.
Wir sind vorsichtig. Womöglich besteht die Gefahr einer Korrektur. Eines zwar nur moderaten, aber mit Blick auf die Kurse dennoch empfindlichen Renditeanstiegs bei deutschen und US-amerikanischen Staatsanleihen. Vielleicht eine Mischung aus etwas besser werdenden Wirtschaftsdaten und einer technisch bedingten Korrektur wie es sie zuletzt etwa im Frühjahr 2015 gab. Wir rechnen zwar nicht mit einer nachhaltigen Zinswende, die ihren Namen auch verdient. Aber die Unbekümmertheit des Marktes bezogen auf mögliche Kursschwankungen erscheint uns etwas zu leichtsinnig.
In Ihrem Fonds investieren Sie vor allem in Unternehmensanleihen. Wie entwickelte sich dieses Segment?
Ende 2018 boten sich exzellente Einstiegsmöglichkeiten. Die Risikoaufschläge von Anleihen solider Emittenten (Credit Spreads) zogen kräftig an, ohne dass sich die Ausfallwahrscheinlichkeiten nennenswert änderten. Es gab einen Abverkauf von Marktteilnehmern, die ihre Verluste vor Jahresfrist begrenzen wollten. Gemessen an globalen Rentenindizes war das Jahr 2018 das schlechteste seit mindestens 20 Jahren.
Dann kam die Wende.
Zum Jahresanfang kehrte sich der Trend um, es kam zu erfreulichen Wertentwicklungen. Wir gingen mit einer Kasseposition von fast 20 Prozent in die Korrektur und waren zum Jahreswechsel beinahe voll investiert. Daher konnten wir an der Rally gut partizipieren. Seit Ende Januar haben wir in mehreren Schritten Gewinne mitgenommen und die Kasse wieder aufgestockt. Gute Zeiten für antizyklische Anleger!
Sehen Sie aktuell noch Chancen?
Aktuell gibt es selektiv immer noch attraktive Bewertungen, auch bei Anleihen von Unternehmen, die eine schwächere Konjunktur weniger tangieren würde. Bei spekulativen Emittenten – insbesondere bei zyklischen Papieren schwacher Qualität (High Yield Bonds) oder nachrangigen Anleihen (Hybrid Bonds) sehen wir bereits faire Bewertungen.
Welchen Währungsraum bevorzugen Sie?
Unsere Anlagestrategie nutzt die Opportunitäten des Bondmarktes – sie soll aber nur in geringem Maße Fremdwährungsrisiken eingehen. Deshalb kalkulieren wir die Kosten für die Absicherung bei allen Entscheidungen ein. Und das macht derzeit Fremdwährungsanlagen oft wenig interessant.
Geben Sie uns bitte ein Beispiel.
Wenn man den Aufschlag von derzeit drei Prozent für die Währungsabsicherung einkalkuliert, liegt die Rendite von US-Staatsanleihen deutlich unter denen von deutschen Bundesanleihen. Wir sind ein global investierender Fondsmanager, unsere Kunden leben aber in Europa. Deshalb denken wir immer in Ertragspotenzialen, die sich Anlegern aus der Eurozone bieten.
Im Portfolio sind Sie international aufgestellt.
Nicht alle Emittenten von Euro-Emissionen sitzen auch in Europa. In den USA gibt es interessante Unternehmen, die ihre Anleihen zu sehr attraktiven Konditionen auf den europäischen Markt geben. Wir investieren opportunistisch, sehen aktuell aber kaum Notwendigkeiten, in Fremdwährungsanleihen investiert zu sein. Ohnehin streuen wir unsere Anlagen. Diversifikation, also die Aufteilung des Vermögens auf verschiedene Anleihesegmente, Branchen und Kreditqualitäten, ist einer der wichtigsten Pfeiler unseres anlagestrategischen Weltbildes.
Herr Lipowski, wir danken für das Gespräch.