15.08.2017 -
Mit jeder alten, attraktiv verzinsten Anleihe, die fällig wird, wächst das Problem eines Anleihe-Investors: Was tun, um das frei gewordenen Geld zumindest halbwegs rentierlich anzulegen? Die Antwort darauf ist einfach – und auch wieder nicht.
Die Notenbanken in den Industrienationen werden das Zinsniveau unseres Erachtens noch lange künstlich niedrig halten. Das gilt im Besonderen für die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan (BoJ). Andernfalls ließen sich die gewaltigen Schuldenlasten in deren Währungsräumen langfristig kaum mehr finanzieren. Die Notenbanken werden die Zinsen also noch lange niedrig halten, weil sie es müssen. Sie sind zu Gefangenen ihrer eigenen Rettungspolitik geworden.
Langsam, aber sicher dämmert den Investoren, allen voran den Anleihe-Gläubigern, dass die Niedrigzinsphase sehr viel länger andauern könnte, als sie das zunächst gedacht hatten. Ihnen dämmert, dass sie ein zunehmend größeres Problem haben, zumindest aber eines bekommen könnten.
In den vergangenen Jahren ließ sich die Geldpolitik der Zentralbanken einigermaßen ertragen. Viele Anleihe-Investoren hatten noch zahlreiche Alt-Anleihen in ihren Depots – Papiere, deren Kupons noch weit höher waren als diejenigen, die heute Anleihen vergleichbarer Qualität offerieren. Die regelmäßigen Zinszahlungen dieser Alt-Anleihen bildeten quasi eine Art „Renditesockel“, ein Polster, das sie ruhig schlafen ließ. Das Problem ist, dass viele dieser Anleihen irgendwann fällig werden beziehungsweise mittlerweile fällig geworden sind.
Die lockere Geldpolitik der Notenbanker erzeugt also keinen plötzlichen Anlagenotstand, sondern baut den Druck, die eigene Anlagestrategie zu überdenken, langsam aber sicher auf. Der Druck wächst mit jeder Anleihe, die zum Laufzeitende zurückgezahlt wird. Spätestens mit dem Tag der Fälligkeit ist das Problem da: Die alte Anleihe muss durch eine neue ersetzt werden, die, vorausgesetzt die Kreditwürdigkeit ist gleich, viel weniger Rendite bringt. Anleger brauchen also Alternativen – nur welche?
Staatsanleihen hoher Qualität fallen als Renditebringer aus; das gleiche gilt auch für erstklassige Unternehmensbonds. Neuemissionen bringen meist weniger als ein Prozent. Wer bei verzinslichen Anlagen nach auskömmlichen Renditen sucht, muss schon woanders schauen. Im Unternehmensanleihebereich bleiben noch sogenannte „High Yield Bonds“, Hochzinsanleihen, also Schuldpapiere von Firmen, deren Kreditwürdigkeit mitunter infrage steht.
Wer langfristig sein Vermögen schützen und erhalten will, dem wird das aber nicht reichen. Es ist die schlichte Notwendigkeit, die Investoren in höher rentierliche Anlageformen treibt.
Nicht wenige Investoren ziehen unseres Erachtens die falschen Schlüsse daraus; künstlich tiefe Zinsen fördern bekanntlich zweifelhafte Renditegarantieversprechen, überteuerte Immobilienmodelle oder lukrative Zinsangebote dubioser Kreditinstitute aus fernen Ländern. Aktien werden dagegen von vielen Anlegern noch immer verschmäht. Dabei liegen die Dividendenrenditen solider, ertragsstarker Unternehmen nicht nur weit über der Rendite sicherer Staatsanleihen, sondern auch deutlich über der von Unternehmensanleihen.
Und der Renditevorsprung von Aktien gegenüber Anleihen ist unseres Erachtens hoch genug, um selbst moderat steigende Zinsen wegzustecken. Nicht zuletzt deshalb haben bedeutende Investoren wie der Norwegische Staatsfonds jüngst angekündigt, ihre Aktienbeteiligungen aufzustocken. Wer sehr langfristig investiert, braucht sich über zeitweise Kursverluste nicht zu sorgen, sondern kann sie nutzen, um sich bietende Gelegenheiten wahrzunehmen. Aktien bleiben unseres Erachtens im derzeitigen Umfeld die attraktivste Anlageklasse.