15.12.2016 -
Donald Trump hat Erwartungen geweckt. Von der abstrusen Idee einer meterhohen Mauer an der mexikanischen Grenze bis hin zu massiven Steuersenkungen und Millionen neuer Jobs für amerikanische Arbeiter. Realistische Vorhaben oder Hirngespinste?
Der schillernde Immobilienunternehmer Donald Trump wird der nächste Präsident der USA werden, nachdem er am 9. November Hillary Clinton besiegt hat.
Nun fragen sich Marktteilnehmer, was sie von einem Mann zu erwarten haben, der genau das Gegenteil von Clinton, nämlich dem „Establishment“, vertritt. Trump ist kein Politiker und hat keinerlei Regierungserfahrung. Manche seiner Ankündigungen während des Wahlkampfes („Ich werde eine Mauer zu Mexiko bauen, und Mexiko wird dafür zahlen“) waren völlig weltfremd. Trotzdem verspricht er mit seiner Wirtschaftspolitik, Amerika zur „alten Größe“ zu führen.
Aber was verbirgt sich hinter seiner Wirtschaftspolitik, mittlerweile auch „Trumponomics“ genannt? Aus heutiger Sicht rechnen wir mit zwei Maßnahmen: Steuersenkungen für fast alle Einkommensgruppen und ein massives Infrastrukturprogramm. Ersteres würde den für die US-Wirtschaft so wichtigen Privatkonsum beflügeln, während Letzteres neue Auftragseingänge und damit neue Jobs schaffen könnte.
Grob überschlagen sollen Trumps Steuersenkungen je nach Einkommensgruppe zu Ersparnissen von drei bis sechs Prozent führen. Die besonders wohlhabenden Amerikaner würden am meisten profitieren; ein Steuerersparnis von etwa sechs Prozent gilt ab einem jährlichen Einkommen von 500.000 US-Dollar. Die Mittelschicht, also Haushalte mit einem Einkommen von 50.000 US-Dollar, würden um fünf Prozent entlastet.
Gleichzeitig will Trump die marode US-Infrastruktur sanieren. Das klingt gut, aber die Finanzierung der Maßnahme ist völlig unklar. Allein die Steuersenkungen dürften den Bundeshaushalt mit weit mehr als 100 Mrd. US-Dollar belasten. Trump sagt zwar, dass die Infrastrukturinvestitionen „haushaltsneutral“ finanziert würden. Wie genau das funktionieren soll, ließ er bislang jedoch offen. Trump braucht zudem die Zustimmung des US-Kongresses für seine Fiskal-Pläne, die auch nach der Wahl von der Republikanischen Partei dominiert wird. Wegen der strikten Haushaltsdisziplin mehrerer republikanischer Abgeordneten ist die Zustimmung für Trumps Pläne alles andere als sicher.
Wir können uns durchaus vorstellen, dass sich die US-Konjunktur 2017 auf Grund von „Trumponomics“ beschleunigt. Die USA könnten allerdings gleich im darauffolgenden Jahr eine Rezession erleben, weil Trumps fiskalische Maßnahmen die Zinsen deutlicher nach oben treiben könnten, als wir das bislang angenommen haben. Nach dem Auslaufen des positiven Fiskalimpulses dürften der stärkere Dollar und die höheren Zinsen die Wirtschaft wieder schwächen und womöglich wie unter Präsident Ronald Reagan in den 1980er-Jahren in die Rezession treiben.
Gut möglich, dass Trump eine solche Entwicklung nutzt und die Schuld der US-Notenbank Fed und deren Präsidentin Janet Yellen zuschiebt. Da Yellens Amtszeit 2018 endet, könnte der US-Präsident dann jemanden suchen, der ihm gewogen ist und seine Investitionspläne „konstruktiv“ begleitet, ähnlich dem japanischen Modell. Dort tut der Chef der Bank of Japan (BoJ), Haruhiko Kuroda, sehr zugespitzt formuliert genau das, was Ministerpräsident Shinzo Abe von ihm verlangt. Trump dürfte daher nach einem Herrn Koruda mit US-amerikanischen Pass Ausschau halten, etwas flapsig ausgedrückt. Eine nachhaltige Zinswende in den USA ist unseres Erachtens deshalb wenig wahrscheinlich. Trump kann sich auf Dauer keinen starken US-Dollar oder ein hohes Zinsniveau erlauben. Sonst wird es mit seiner Wiederwahl 2020 sehr schwierig.
Aber was ist mit den Sorgen vor zunehmendem Protektionismus unter der Regierung Trump? Der Immobilien-Unternehmer hatte unter anderem gesagt, er würde billige Waren aus China mit Strafzöllen belegen, das Freihandelskommen mit Mexiko und Kanada (NAFTA) kündigen und die Verhandlungen mit der EU über das TTIP-Abkommen beenden. Wir gehen davon aus, dass Trump nur ein Versprechen umsetzen wird: die Beendigung der TTIP-Gespräche. Vor der US-Wahl hatten selbst europäische Politiker wie SPD-Chef Sigmar Gabriel die Verhandlungen für gescheitert erklärt.
Trump bräuchte wohl nicht die Erlaubnis des Kongresses, um aus NAFTA auszusteigen oder einen Handelskrieg mit China anzufangen. Unseres Erachtens ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass er das tut. Trump ist in erster Linie Unternehmer, kein Politiker. Er und seine Berater wissen nur allzu gut, dass ein Handelskrieg mit China langfristig niemandem nutzt. Was für die Weltwirtschaft schlecht ist – sprich Protektionismus – kann für die USA und deren global orientierten Unternehmen nicht gut sein. Von daher gehen wir davon aus, dass ein Teil seiner Versprechen lediglich Wahlkampffolklore waren.