21.07.2020 -
Nun auch die EU – sie stellt weitere 1,8 Billionen Euro bereit zur Bekämpfung der Corona-Krise. Damit ist klar: Die Zinsen bleiben niedrig.
Die Notenbanken und Regierungen schnüren Rettungspakete in noch nie da gewesenem Ausmaß. Zuletzt mit 1,8 Billionen Euro die EU nach viertägigem Marathon-Gipfel. Noch vor drei Monaten war auch für uns nicht absehbar, wie groß die Kanonen sein würden, mit denen sie das Funktionieren des Finanzsystems und der Realwirtschaft verteidigen.
Und was machten die Aktienmärkte? Sie waren zunächst eingebrochen, als weltweit die Lockdowns verhängt wurden und es zu einem Nachfrageschock kam. Die Ausgaben der US-Konsumenten gingen in dieser Zeit zweistellig zurück. Verbraucher erwarteten einen hohen Einkommensverlust. Doch dann halfen ihnen Staat und Notenbank.
Die US-Regierung hat sogar Helikoptergeld verteilt. Wer im Lockdown den Job verlor, hat in den USA nun sogar mehr Geld in der Tasche als vorher. Auch wenn viele Menschen die Hilfen erst einmal auf ein Sparkonto gelegt haben, legte der Aktienmarkt wieder zu. Der Diskontierungsmechanismus Aktienmarkt hat sich auch in dieser Zeit nicht von den ökonomischen Realitäten abgekoppelt.
Bereits im Jahr 2012 haben wir in Europa vom „Point of no return“ gesprochen: Es gibt einen Punkt, ab dem ein Pilot den Start nicht mehr abbrechen kann, weil die verbleibende Startbahnlänge nicht mehr ausreicht, um das Flugzeug sicher abzubremsen. Ähnliches gilt für die Tiefzinspolitik. Es war aber bis 2018 umstritten, ob ein Anstieg der Zinsen nicht doch noch möglich wäre. Spätestens jetzt ist auch für den Mainstream der Investoren klar: Die Zinsen müssen niedrig bleiben. Eine Rückkehr zu früheren Zinsniveaus würde hoch verschuldete Länder und Unternehmen überfordern.
Was bedeuten Niedrigzinsen für Anleger? Beginnen wir mit dem Markt, der nach der Finanzkrise am stärksten auf die Niedrigzinsen reagiert hat, dem Immobilienmarkt. Vor allem in Spitzenlagen sind die Preise seither stark gestiegen. Angenommen die Miete würde nun für ein Top-Objekt, das zum Verkauf steht, schätzungsweise über vier Quartale halb so hoch ausfallen wie bisher. Wie viele Kaufinteressenten würden sich aus diesem Grund zurückziehen oder auf einen Abschlag des Kaufpreises bestehen?
Für die meisten wären die vier Quartale mit den niedrigeren Einnahmen wohl relativ belanglos, solange sich die Aussichten, zahlungskräftige Mieter zu finden, nicht zeitgleich verschlechtern. Investieren doch Immobilienkäufer in der Regel auf sehr lange Sicht. Ähnliches gilt auch für die Aktienmärkte: Unternehmen mit soliden, widerstandsfähigen (resilienten) Erträgen bleiben attraktiv. Noch besser sind die Aussichten für Unternehmen, die in der Corona-Krise wachsen. Auch hier ist daher die Sorge, ob das nächste oder womöglich auch das übernächste Quartal mäßig laufen wird, für längerfristige (Aktien-) Investoren eher zweitrangig.