06.03.2020 -
Die Deutschen vertrauen bei der Geldanlage eher Sparbuch und Festgeld als dem Finanzberater. Warum ist das so? Und: Wie lässt sich diese Beziehung verbessern?
Ob die vom Arzt gestellte Diagnose der Krankheit stimmt und die beabsichtigte Therapie die Heilung bringt, kann man nicht sagen. Man muss dem Arzt vertrauen. Ähnlich verhält es sich mit der Finanzberatung. Als Laie kennt man sich mit Aktien nicht aus, weiß aber auch nicht so recht, ob man dem Rat eines Finanzberaters vertrauen kann.
Private Geldanleger können vorab kaum abschätzen, ob die Empfehlung ihnen selbst oder eher dem Berater nutzt. Kritische Berichte in den Medien steigern oft das Misstrauen. Das Problem ist nicht neu. Die Finanzkrise 2008/2009 hat das Vertrauen in Berater und Märkte weiter erschüttert. Die Folge: Versteht man wenig von der Sache und zweifelt auch noch an der Beratung, dann hält man sich lieber gleich ganz zurück und meidet rentierliche, aber beratungsintensive Anlageklassen und Produkte etwa aus dem Aktienmarkt. Eine schleichende Enteignung durch Niedrigzins und Inflation mag dann vielleicht noch erträglicher erscheinen als falscher Rat durch einen eigennützigen Finanzberater.
Die Finanzberater wissen um dieses Phänomen. Das zeigt eine Umfrage des Flossbach von Storch Research Institute unter 1716 Finanzberatern. 99 Prozent gaben an, dass das Vertrauen der Kunden für sie wichtig ist, und neun von zehn gaben an, dass es in den vergangenen zehn Jahren an Bedeutung gewonnen hat. 94 Prozent meinten, dass Sparer vor Aktienanlagen zurückschreckten, weil ihnen das Vertrauen in die Finanzberatung fehle. Nur ein Prozent glaubte, dass staatliche Regulierung Vertrauen erhöhen könnte. Dagegen hielten 96 Prozent fachliche Mindeststandards für Berater und/oder eine ethische Verpflichtung zur Beratung im Interesse der Kunden für wichtig.
Die Finanzberater zeigen sich in der Umfrage einig. Der Mangel an Vertrauen wirkt sich negativ auf die Geldanlage der Kunden aus. Anlageklassen, deren Kurse temporär stark schwanken, langfristig aber ein hohes Renditepotenzial bieten, werden gemieden. Beim Aufbau von Vertrauen, so zumindest die Einschätzung der Finanzberater, hilft staatliche Regulierung wenig. Sie warnen vor überbordender Bürokratie und einer Beratung von der Stange, nur um gesetzliche Vorgaben einzuhalten.
Allein der Staat kann das Vertrauen der Deutschen nicht zurückbringen. Staatliche Eingriffe können sogar das Gegenteil bewirken: In letzter Konsequenz kann eine ausufernde Regulierung dazu führen, dass sich Privatinvestoren vom Kapitalmarkt zurückziehen. Letztlich haben die Berater selbst ein Interesse an einer qualitativ hochwertigen Beratung. Wenn in einem Markt nur noch mit „Zitronen“ gehandelt wird, kann er schlimmstenfalls sogar vollständig zusammenbrechen. Wir denken hier an die Analyse „The Market for Lemons“, in der der Nobelpreisträger George Akerlof dieses Phänomen schon vor gut 50 Jahren am Beispiel des Gebrauchtwagenmarkts beschrieben hat.
Gibt es eine Lösung? Haftung und Regulierung sollte man aus unserer Sicht nicht grundsätzlich ablehnen, auch wenn manche Auswüchse kritikwürdig erscheinen mögen. Fachliche, transparente Mindeststandards sollten noch mehr dafür sorgen, dass Berater den Anlagebedarf der Kunden erkennen und angemessene Anlageempfehlungen geben. Selbstverpflichtungen, ähnlich wie etwa der hippokratische Eid der Ärzte, könnten Kunden überzeugen, dass ihre Berater in ihrem Interesse arbeiten.
Die Umfrage zeigt, dass die Finanzberater für solche Themen offen sind. Fachliche Mindeststandards und eine ethische Verpflichtung sind aus ihrer Sicht für die Vertrauensbildung gleichermaßen wichtig. Die Bereitschaft zur Selbstorganisation ist da.
Die Finanzberater sind sich der Bedeutung des Vertrauens ihrer Kunden sehr bewusst. Es wird in Zukunft maßgeblich für ihren eigenen Erfolg und den der Sparer verantwortlich sein. Darauf lässt sich aufbauen. Es braucht nur noch einen Ruck, damit die Branche durch die Selbstorganisation von Weiterbildung und Selbstverpflichtung zur Beratung im Kundeninteresse das Vertrauen der Kunden in ihre Leistungen stärkt.
Dieser Beitrag ist in der aktuellen Ausgabe unseres Magazins „Position“ erschienen, das Sie kostenlos abonnieren können. Hier geht es zum Abonnement.