14.08.2020 -
Viele Unternehmensberichte für das zweite Quartal zeichnen ein düsteres Bild der Corona-Krise. Doch sollten sich Anleger deshalb von der Börse fernhalten?
Die Deutschen sind eine Nation von Autofahrern. Vielleicht erklärt das die Vielzahl an Redewendungen und Analogien in der Finanzberichterstattung, die mit dem Automobil zu tun haben. Das eine Mal geben die Märkte ordentlich Gas, das andere Mal treten die Anleger kräftig auf die Bremse. Oder die Weltwirtschaft legt eine Vollbremsung hin – so wie im Frühjahr dieses Jahres. Und jetzt, im Sommer 2020, werfen viele Anleger einen Blick in den Rückspiegel.
Doch anders als im Straßenverkehr, wo dieser Blick der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer dient, hilft der „Blick in den Rückspiegel“ dem unbeschadeten Fortkommen nur sehr begrenzt: Das zweite Quartal ist Geschichte, ebenso wie der globale Shutdown mit dem konjunkturellen Einbruch. Seither haben die Regierungen gewaltige Hilfsprogramme verabschiedet, die Notenbanken nahezu grenzenlose Unterstützung zugesagt – und die Wirtschaft erste Anzeichen einer Erholung gesendet.
Auch wenn die Corona-Pandemie noch lange nicht beendet ist: Eine neue Normalität – wie immer die auch im Detail aussehen wird – rückt zumindest näher und der Corona-Crash mit seinen desaströsen Zahlen jeden Monat einen Monat weiter in die Vergangenheit.
Deshalb sind Anleger gut beraten, sich nicht allzu lange mit dem Rückblick auf einzelne Quartale – ganz gleich ob katastrophal oder sensationell – beim Ausrichten ihrer langfristigen Anlagestrategie aufzuhalten.
Denn die Aktienmärkte antizipieren die Zukunft und die Ertragsentwicklung der Unternehmen. Wohlgemerkt: die langfristige Entwicklung. Die Börsenperspektive beschränkt sich nicht auf wenige Wochen oder zwei, drei weitere schwache Quartale, sondern auf viele Jahre – mindestens.
Diesen Aspekt sollten Anleger berücksichtigen, wenn sie sich an einem Unternehmen durch den Kauf einer Aktie beteiligen. Der langfristige faire Wert des Unternehmens sollte über den Kauf entscheiden, nicht der Gewinn oder Verlust eines zurückliegenden Quartals oder ein vermeintlich günstiger Aktienkurs. Je sicherer ein Anleger sein kann, dass das Unternehmen über einen langen Anlagezeitraum profitabel ist und wächst, umso weniger sorgen einzelne schwache Quartale für Verunsicherung.
Deshalb ist die gründliche Unternehmensanalyse so wichtig: Nur so lassen sich echte Qualitätstitel finden; Aktien von Unternehmen mit erprobtem Geschäftsmodell, einer robusten Bilanz und erstklassigem Management. Diese Unternehmen überstehen auch harte Zeiten – und sie haben das Potenzial, nach der Krise stärker dazustehen als zuvor.
Für Anleger, die das berücksichtigen und langfristig denken, spielen die konjunkturellen Auswirkungen der Corona-Pandemie eine weitaus geringere Rolle als für Anleger, die den Aktienbestand in ihrem Portfolio anhand einzelner Quartalsergebnisse laufend anpassen.