14.10.2019 -
In vielen Ländern schwächelt das Wirtschaftswachstum. Die Geldpolitik dürfte noch kreativer werden. Warum niedrige Zinsen Unternehmen vor Probleme stellen können.
Alles in allem sieht es so aus, als wären die Zentralbanken bereit, neue kreative Instrumente einzusetzen, um eine deutliche Abschwächung der Wirtschaft zu verhindern.
Das derzeit etwas schwächere Wachstum ist vor allem auf Unsicherheiten aufgrund der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China zurückzuführen. Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse sind Gift für die Weltwirtschaft. Hinzu kommen weitere Unsicherheiten, etwa beim Brexit oder durch neue Spannungen in der Golfregion.
Die letztgenannten Unsicherheiten sind wahrscheinlich keine nachhaltige Bremse für die Weltwirtschaft. Grundsätzlich geht es der Mehrheit der Unternehmen weiterhin gut. Alles in allem sollte die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks weiterhin durch eine expansive Politik der Zentralbanken unterstützt werden. Aber auch für Unternehmen ist die Politik der niedrigen Zinsen nicht nur eine Erfolgsgeschichte.
Es ist richtig, dass Unternehmen derzeit in der Lage sind, ihre Investitionen kostengünstiger zu finanzieren. Aber wir sehen, dass das Investitionsniveau in den letzten Jahren sehr schwach war. So liegt beispielsweise der Anteil der Realinvestitionen an der Bilanzsumme in den letzten Jahren bei unter drei Prozent, was historisch gesehen ein sehr niedriges Niveau darstellt. Andererseits hat die Aktivität bei Fusionen und Übernahmen zugenommen, da auch Akquisitionen kostengünstig finanziert werden können. Das niedrige Zinsniveau wirkt sich zudem auch negativ auf die Bilanzen aus. Denn Unternehmen müssen deutlich mehr Geld ausgeben, um ihre Rentendefizite zu reduzieren oder zumindest konstant zu halten.
Das durchschnittliche Gewinnwachstum der Unternehmen dürfte in etwa auf dem Niveau des Wirtschaftswachstums liegen, da keine wesentlichen Veränderungen in der Profitabilität zu erwarten sind. Sollte man in den USA einen leichten Gewinnrückgang sehen, so ist dieser Umstand auch darauf zurückzuführen, dass die Gewinne im Jahr 2018, getrieben durch die Steuerreform, stark gestiegen sind.
Mittel- bis langfristig dürften defensivere Anlageklassen keine höheren Renditen als Aktien erzielen. Aber auch in der derzeitigen Marktphase gilt es selektiv zu sein. Das Investment Management analysiert jedes einzelne Unternehmen daraufhin, ob es unseren Anforderungen an den Gewinn und insbesondere an die Cashflow-Stabilität und andere Qualitätsaspekte entspricht. Alles in allem dürften Aktien angesichts unserer Erwartung eines Umfelds mit extrem niedrigen Zinsen die bevorzugte Wahl bleiben. Viele Anleihen weisen derzeit auch nominal einen sicheren Verlust auf, sofern der Käufer beabsichtigt, diese Wertpapiere bis zur Endfälligkeit zu halten. Daran dürfte sich kurzfristig nichts ändern.
Zur Person:
Kai Lehmann ist Senior Research Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute. Er beschäftigt sich vor allem mit Unternehmens- und Aktienmarktanalysen, insbesondere zu bilanzpolitischen Fragestellungen sowie Pensionslasten.