11.09.2018 -
Die Türkei und Argentinien bereiten vielen Anlegern Sorge. Vor diesem Hintergrund haben auch andere Schwellenländer einen schweren Stand. Aber ist das gerechtfertigt? Wir haben Zweifel.
Mittlerweile scheinen weitere Schwellenländer in den Sog dieser Krise zu geraten. Ein Blick auf die Währungen zeigt: Der brasilianische Real, Südafrikas Rand und selbst der chinesische Renminbi waren zuletzt deutlich schwächer. Viele Marktteilnehmer stellen sich die Frage, ob das Anzeichen einer bevorstehenden Schwellenländerkrise sind. Auch die Risikoprämien für Staatsanleihen sind zuletzt deutlich gestiegen.
Unseres Erachtens werden viele Schwellenländer derzeit zu Unrecht abgestraft in einem Umfeld, das von den negativen Schlagzeilen aus der Türkei und aus Argentinien geprägt ist. Während diese beiden Länder mit realen wirtschaftlichen Herausforderungen kämpfen, stehen andere Schwellenländer deutlich besser da als etwa im Jahr 2013. Damals hatte die US-Notenbank unerwartet einen Ausstieg aus dem Anleiherückkaufprogramm angekündigt (Taper Tantrum). Das hatte für enorme Verunsicherung an den Anleihemärkten gesorgt.
In der Vergangenheit war häufig einer der vier folgenden Gründe Auslöser für eine deutliche Währungsabwertung in Emerging Markets.
Gegenüber dem Jahr 2013 haben sich die Leistungsbilanzdefizite vieler Emerging Markets deutlich reduziert. Länder wie China, Südkorea, Taiwan und Russland weisen sogar Überschüsse auf. Hier dürfte also nicht der primäre Grund für die jüngste Schwäche vieler Schwellenländerwährungen zu finden sein.
Auch wenn die Geldentwertung in vielen Schwellenländern nach wie vor höher ausfällt als in den Industrienationen, so liegt sie im historischen Vergleich eher auf niedrigem Niveau, etwa in Brasilien, Indien und Indonesien.
Kann es sein, dass gut verzinste Anleihealternativen Investoren dazu veranlassen, ihre Lokalwährungsengagements bei Emerging-Markets-Anleihen zu reduzieren? Unseres Erachtens ist dies wenig wahrscheinlich. Schaut man auf die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen in den USA (2,9 Prozent), Deutschland (0,3 Prozent) und Japan (0,1 Prozent), erkennt man schnell, dass diese Renditeniveaus relativ unattraktiv sind.
Einer der treibenden Faktoren in der jüngsten Vergangenheit dürften kurzfristig orientierte Anleger sein, die ihr Kapital aufgrund steigender Risikoaversion abziehen. Hierbei spielen die Positionierung und das Sentiment eine entscheidende Rolle. In solchen Fällen kann es zu einem undifferenzierten Abverkauf kommen, unter anderem auch durch passive Investoren, die pauschal einen Emerging-Markets-Index verkaufen, weil sie sich von dem Türkei- und Argentinien-Risiko trennen wollen. Und so das Kind mit dem Bade ausschütten.
Wir haben immer betont, dass ein Engagement in den Schwellenländern starke Nerven erfordert. Und einen genauen Blick auf einzelne Länder und Unternehmen. Ein gutes Beispiel dafür liefert Indien. Die Wachstumsaussichten des Landes sind positiv, der Markt ist nicht so stark in den globalen Handel eingebunden. Er wird eher durch die Inlandsnachfrage beeinflusst. Außerdem können wir zunehmend die Entstehung einer lokalen Investorenbasis feststellen.
Nur ein Bruchteil aller indischen Staatsanleihen befindet sich im Besitz ausländischer Investoren, was für eine gewisse Stabilität sorgt. Das Land weist einen ausgeprägten Unternehmergeist auf, und wir finden eine Vielzahl von gut geführten Unternehmen, deren Strategie auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Hier können Investoren Anlagechancen nutzen. Allerdings verlangt dies genaues Hinschauen, einen aktiven Ansatz und einen langfristigen Anlagehorizont.