22.04.2021 -
Die Zahl der Impfungen steigt. Die Börsen nehmen den nahenden Wirtschaftsaufschwung schon vorweg – wo die Konjunktur zuerst wieder anspringen dürfte.
Bald, so hoffen die Menschen, ist die Pandemie vorbei. Die Zahl der Impfungen steigt in vielen Ländern rasant. Selbst in der Europäischen Union, die in diesem Punkt nicht gerade als der globale Trendsetter gilt, dürften bald schon jeder fünfte Bürger mindestens eine Impfung erhalten haben. Das wird ein super Sommer, könnte man meinen. Gilt das auch für die Konjunktur?
Bis dahin dauert es wohl noch etwas. Während die Kapitalmärkte zu neuen Rekordständen eilen, leiden große Teile der Wirtschaft noch immer unter den pandemiebedingten Einschränkungen. Vor allem viele kleinere und mittlere Betriebe des Dienstleistungssektors kämpfen mit den Folgen des Lockdowns, die sich bislang noch nicht in den künstlich gedrückten Insolvenzzahlen niederschlagen konnten. Wenn die Insolvenzmeldepflicht wieder eingeführt wird und die Staatshilfen abebben, dürfte sich dies ändern.
Auch die großen krisengebeutelten Unternehmen müssen sich in der Post-Corona-Welt erst einmal zurechtfinden. Hier geht es zuerst vor allem darum, zu konsolidieren. So erwartet beispielsweise die Lufthansa, dass sie ihr Vorkrisenniveau erst in fünf Jahren wieder erreichen wird.
Immerhin ist in einigen Branchen mit einem starken Nachholeffekt zu rechnen, der aber an Kapazitätsgrenzen stößt. So dürften die überproportional stark vom Tourismus abhängigen Länder Südeuropas frühestens 2022 das Vorkrisenniveau erreichen. Dagegen wird dies für die USA bereits dieses Jahr erwartet. In China dürfte das Vorkrisenniveau sogar um mehr als zehn Prozent überschritten werden, wodurch sich seine Bedeutung als Wirtschaftsmacht weiter erhöht (siehe Grafik).
Im Jahr 2025 dürfte Chinas Wirtschaftsleistung gut vier Fünftel des Bruttoinlandsprodukts aller übrigen Schwellen- und Entwicklungsländer ausmachen. Im Jahr 2000 war es gerade mal ein Fünftel. Selbst im Vergleich zu den USA, die vergleichsweise gut durch die Krise gekommen sind, wird China immer mächtiger und könnte bereits 2030 die USA als größte Wirtschaftsmacht der Welt ablösen. Die zunehmende wirtschaftliche und politische Bedeutung Chinas hat aber auch ihre Schattenseiten für westliche Unternehmen und Volkswirtschaften.
Zwar hat der in den vergangenen Jahren der so oft zitierte Handelskonflikt zwischen dem Westen und China zumindest auf tarifärer Ebene an Brisanz verloren, allerdings sind die nicht-tarifären Risiken gewachsen. Dies zeigt sich zum Beispiel in den jüngst durch nationalistische Parolen der chinesischen Regierung angestachelten Boykottaufrufen gegen Unternehmen wie H&M, Nike, Adidas, Puma und andere Textilhersteller, die wegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang keine Baumwolle aus Chinas westlicher Region mehr verwenden. Die Folge waren empfindliche Kursverluste der betroffenen Aktien, was an der Börse schon als „China-Schock“ bezeichnet wurde.
Noch allerdings kann China es sich nicht leisten, über einzelne Nadelstiche hinausgehende Strafmaßnahmen umzusetzen. Dazu ist das Land zu stark in die Weltwirtschaft eingebunden – sowohl als Importeur von Rohstoffen, Medikamenten und Hochtechnologie als auch als Exporteur von Konsumgütern.
Somit dürften die USA und China die Weltkonjunktur aus dem Pandemie-Loch ziehen und, auch dank billionenschwerer Staatshilfen, für eine Fortsetzung des beginnenden Aufschwungs sorgen.