13.02.2019 -
Zeit ist der entscheidende Faktor bei der Geldanlage. Geduld ist gefragt. Klingt einfach, fällt aber schwer. Welche Argumente für eine langfristig ausgerichtete Anlagestrategie sprechen.
Meist sind es die schlechten Dinge, die im Gedächtnis bleiben – leider. Der Schwarze Montag beispielsweise. Oder die Terroranschläge vom 11. September 2001 und der, wenn auch von anderen Faktoren ausgelöste, Wirtschaftsabschwung. Nicht weniger präsent sind der Untergang der US-Investmentbank Lehman Brothers und seine Folgen. Allesamt Ereignisse, die die Börsen in den vergangenen Jahrzehnten erzittern ließen und weltweit Vermögen in Höhe von Billionen Euro vernichtet haben – zumindest vorübergehend.
Umso unruhiger werden Anleger in diesen Tagen: Brexit, italienische Schuldenkrise, Gelbwesten in Paris und obendrein der mit viel Lust geführte Streit zwischen den USA (Donald Trump) und China. Angesichts der gesammelten Erfahrungen liegt der Schluss nahe, dass der nächste Börsencrash nicht lange auf sich warten lässt. Womöglich hat er sogar schon begonnen. Nur verläuft er diesmal, anders als etwa am Schwarzen Montag im Oktober 1987, Schritt für Schritt. In der Presse war zuletzt des Öfteren das Wort Salami-Crash zu lesen. Ein Crash in Scheiben.
Das Ergebnis wäre das gleiche – am Ende stünden bei Aktien massive Verluste zu Buche. War das schwache Börsenjahr 2018 womöglich erst der Anfang? Leider kann ich diese Frage nicht seriös beantworten. Das kann niemand, der es gut, weil ehrlich mit dem Fragesteller meint. Von daher sollten Anleger auch nicht allzu viel auf die Kommentare der allseits bekannten Crash-Vorherseher und Untergangspropheten geben. Ihr Geschäftsmodell ist es, den Crash herbeizureden – ihn jedes Jahr aufs Neue vorauszusagen.
Eine sehr komfortable Ausgangslage im Übrigen, denn irgendwann werden sie Recht behalten. Denn Börsenkurse schwanken. Deswegen ist der Crashprophet im Allgemeinen auch weit besser beleumundet als derjenige, der davon ausgeht, dass die Aktienkurse weiter steigen werden. Letzterer ist schnell als hoffnungsloser Optimist verschrien, als Traumtänzer und Gesundbeter. Er fällt wesentlich härter, wenn er mit seiner Prognose daneben liegt.
Das hängt nicht zuletzt mit der Psyche der Anleger zusammen. Es gibt verschiedene Studien zu diesem Thema, etwa die der beiden Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky. Bereits vor mehr als 40 Jahren haben sie nachgewiesen, dass Verluste Anleger weitaus stärker „schmerzen“, als sie Gewinne „erfreuen“. Ein Verlust von hundert Euro ist gefühlt demnach eine höhere „Wertveränderung“ als ein Gewinn in gleicher Höhe. Das führt letztlich dazu, dass Anleger an der Börse schnell überreagieren, wenn es mal hektischer zugeht – oder ihr aus Angst vor möglichen Verlusten ganz fernbleiben.
Dabei gäbe es ein vergleichsweise einfaches Rezept gegen die chronischen Verlustängste: den Blick auf die langfristige Aktienkursentwicklung, in Grafik 1 exemplarisch dargestellt durch den US-amerikanischen S&P-500-Index, einen der bedeutendsten Indizes der Welt. Die Einschläge im Zeitverlauf, die zum jeweiligen Zeitpunkt stets als sehr einschneidende Ereignisse wahrgenommen werden und damit in der Rückschau abschreckend wirken, relativieren sich, je länger der Zeitraum ist, den wir betrachten.
Nichts anderes sollten Anleger tun, wenn sie in Aktien investieren. Geduld haben. Nicht jeden Tag die Kurse überprüfen. Kurzum: Sich nicht so schnell verrückt machen lassen vom Börsengetöse und hektischen Hin und Her. Das setzt voraus, Zeit zu haben. Denn nur wer Zeit hat, kann auch geduldig sein – und warten. Wer also in Aktien investieren möchte, sollte auf das Geld, das er investiert, mindestens fünf Jahre verzichten können, besser noch deutlich länger, zehn Jahre und mehr. Von Warren Buffett, dem weltbekannten Investor aus Omaha, Nebraska, stammt der Hinweis, man solle doch tunlichst günstig kaufen und besser nie wieder verkaufen. Treffender lässt sich der Zeitfaktor bei der Geldanlage nicht umschreiben.