11.01.2022 -
Covid-19 führte zu einem Einbruch der Wirtschaft. Die beiden größten globalen Volkswirtschaften haben die Krise überwunden. Der Abstand zu Europa wächst.
Alpha, Beta, Gamma, Delta, Omikron. Das SARS-CoV-2-Virus gibt nicht auf, sondern mutiert ständig weiter. Trotz leichterer Übertragbarkeit und hoher Infektionszahlen haben die jüngsten Mutanten nicht zu ähnlichen Einschnitten geführt wie im Frühjahr 2020, als die Fabriken geschlossen und die Straßen leer waren. Heute haben wir Impfstoffe und die berechtigte Hoffnung, dass die Pandemie irgendwann in eine endemische Phase eintritt. Die Menschen und die Wirtschaft haben sich mit dem Virus einigermaßen arrangiert, auch weil inzwischen klar ist, dass uns SARS-CoV-2 erhalten bleibt.
Die von einigen Staaten praktizierte Null-Covid-Strategie hat sich als wenig nachhaltig erwiesen, da sie eine völlige Abschottung des Landes voraussetzt und damit langfristig weder gesellschaftlich noch ökonomisch vertretbar ist. China hatte mit seiner Isolationspolitik zunächst große Erfolge bei der Pandemiebekämpfung, die allerdings auch als willkommener Anlass zum Ausbau des Überwachungsstaates diente und mit extremen Beschränkungen der Mobilität seiner Bürger einherging. China verfügt zudem mit 1,4 Milliarden Einwohnern über einen gigantischen Binnenmarkt und profitiert dadurch besonders stark von einer Belebung des heimischen Konsums.
Außerdem sind die internationalen Wirtschaftsbeziehungen stärker vom Güterhandel und weniger von grenzüberschreitenden Dienstleistungen geprägt, so dass die Abschottung wirtschaftlich verkraftbar ist, solange die Warenströme einigermaßen ungehindert fließen. Dies ist trotz der Staus in einigen Häfen immer noch weitgehend der Fall. 2021 ist die Weltwirtschaft nach dem scharfen Einbruch im Vorjahr um voraussichtlich sechs Prozent gewachsen. Die Wirtschaftsleistung der beiden Supermächte USA und China ist bereits über das Vorkrisenniveau gestiegen. Die übrigen großen Wirtschaftsnationen hinken aber noch hinterher. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone liegt immer noch etwa zwei Prozent unter dem Niveau von 2019, im Vereinigten Königreich sind es sogar fast vier Prozent (siehe Grafik).
Das Gewicht der beiden größten Volkswirtschaften USA und China hat sich dadurch weiter erhöht. Der Anteil der USA an der Weltwirtschaftsleistung beträgt rund 24 Prozent, gefolgt von China mit 18 Prozent, das immer weiter aufschließt. Deutschlands Wirtschaft steuert mit einem Anteil von 4,5 Prozent also nur noch ein Viertel dessen bei, was Chinas Wirtschaft beiträgt.
Auch die Finanzmarktteilnehmer haben sich mit Covid arrangiert und schauen nach vorne. Meldungen steigender Infektionszahlen oder neuer Mutanten führen an den Aktienmärkten nicht mehr zu starken Rückschlägen, sondern wirken sich nur noch punktuell auf besonders stark betroffene Branchen oder Unternehmen aus.
Im vergangenen Jahr hat sich auch gezeigt, welche Auswirkungen die Pandemie auf einzelne Bereiche der Wirtschaft, die Nachfragestruktur, den technologischen Wandel und die Inflation hatte. Die Coronakrise hat zu einer Verschiebung der Nachfrage von Dienstleistungen hin zu Gütern geführt. Das Geld, das nicht mehr für Reisen oder Veranstaltungen ausgegeben wird, fließt vor allem in langlebige Konsumgüter wie Elektronik, Autos oder Wohnbedarf. Die Produktionskapazitäten konnten teilweise nicht Schritt halten, was zu Knappheiten einzelner Vorprodukte geführt hat, die durch logistische Engpässe weiter verschärft wurden.
Der daraus resultierende Inflationsanstieg ist sowohl in seiner Höhe als auch in seiner Natur ungewöhnlich. Die hohen Inflationsraten basieren vor allem auf Lieferschwierigkeiten der Produktionsseite, die teilweise erst durch den Bau zusätzlicher Produktionslinien und Fabriken, etwa für Halbleiter, bereinigt werden können. Da diese Anpassungsprozesse nicht von heute auf morgen zu bewältigen sind, dürfte uns die bis vor wenigen Monaten von den Notenbanken als temporär verkaufte hohe Inflation noch eine Weile erhalten bleiben.