08.06.2021 -
… sich „ewig“ bindet. Langfristig denkende Aktionäre sollten sich Unternehmen, in die sie investieren, genau anschauen – insbesondere deren Management.
Wir werden oft gefragt, ob die Größe eines Fonds nicht hinderlich ist, weil sie das Anlageuniversum begrenzt und damit die Ertragspotenziale schmälert. Ja, ein großer Fonds kann nicht mehr alles machen, weil einiges schlicht nicht mehr sinnvoll erscheint aus Perspektive des Fondsmanagements – einerseits.
Andererseits ergibt sich aus der Größe ein Vorteil, der den zuvor genannten vermeintlichen Nachteil deutlich überkompensiert: Je größer ein Fonds, desto größer sind in der Regel auch die Beteiligungen an einzelnen Unternehmen. Und umso einfacher bekommt das Fondsmanagement Zugang zur Unternehmensführung, was den Austausch deutlich erleichtert.
Heute stehen wir in engem Austausch mit dem Topmanagement von fast allen Unternehmen, an denen wir beteiligt sind. Zu wissen, wie die Manager „ticken“, ist ein zentraler Bestandteil der Beurteilung des jeweiligen Investments, der damit verbundenen Chancen und Risiken und damit unserer Anlagestrategie. Die Managementqualität ist erfolgsentscheidend
Die Unternehmensführung allokiert die knappen Ressourcen, bestimmt die (hoffentlich) langfristige Strategie und prägt die Kultur eines Unternehmens. Sie reagiert auf Trendbrüche und Krisen, entwickelt das Geschäftsmodell weiter. Von daher haben wir sehr hohe Ansprüche an die handelnden Personen.
Der Vorstandsvorsitzende, aber auch seine Vorstandskollegen sollten sich als Eigentümer des Unternehmens verstehen. Integrität und Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Kunden, dem Unternehmen und seinen Angestellten, den Aktionären als Eigentümer und dem sozialen wie ökonomischen Umfeld zeichnen gute Manager aus. Vorsichtig sind wir dagegen bei Managern, die sich als hochbezahlte Angestellte verstehen, vorzugsweise in Quartalszahlen denken, dabei vor allem aber den persönlichen Erfolg und Geldbeutel im Blick haben.
Die richtige Incentivierung des Vorstandes eines Unternehmens ist wichtig. Langfristiger bzw. nachhaltiger Erfolg sollte belohnt werden, das Eingehen großer Risiken auf Kosten des Unternehmens und zur Maximierung des eigenen Vorteils dagegen nicht.
Vorsichtig sind wir auch bei all jenen, die sich in einem Talkshow-Sessel wohler fühlen als auf der Hauptversammlung des „eigenen“ Unternehmens. Denen die nächste Kamera, die nächste „Homestory“ in einer Illustrierten wichtiger erscheint als die interne Strategiesitzung – weil es möglicherweise den eigenen Marktwert steigern könnte. Deren Hybris teure Übernahmen begünstigt, weil das der Pflege des eigenen Denkmals dient, das Unternehmen aber nicht voranbringt, stattdessen die Verschuldung langfristig in die Höhe treibt und so das Unternehmen belastet.
Je besser der Kontakt zum Management eines Unternehmens, umso genauer lässt sich ein Bild von den Protagonisten zeichnen. Was ist deren Antrieb, wo liegen ihre Stärken und Schwächen. Und umso präziser gelingt letztlich die Chance-Risiko-Analyse aus Investorensicht. Der Fall Wirecard ist einmal mehr Beleg dafür gewesen, wie wichtig die Unternehmensführung bei der Beurteilung eines Unternehmens, wie wichtig Integrität ist; wenngleich das Beispiel auch verdeutlicht, wie schwierig eine präzise Beurteilung der handelnden Personen ist. Viele Investoren mussten das leidvoll erfahren.
Vorsätzlicher Betrug und dessen Vertuschung sind nicht immer zu erkennen, zumindest nicht auf den ersten, oft auch nicht den zweiten oder dritten Blick. Es liegt uns deshalb fern, darüber zu urteilen, was man im Falle Wirecard hätte wissen können – und was nicht. Es wäre zudem vermessen, zu behaupten, man selbst sei vor einem ähnlichen Fall gefeit.
Ein möglichst tiefes Verständnis von den Unternehmen und den handelnden Personen hilft jedoch, die Risiken zumindest zu begrenzen. Eine Garantie gibt es leider nicht. Wir hatten seinerzeit, als wir uns das Geschäftsmodell Wirecards angeschaut haben (das wir grundsätzlich interessant fanden), von einem Investment abgesehen, weil wir einige Geschäftsbereiche nicht nachvollziehen konnten bzw. schlicht nicht verstanden haben. Im Nachhinein war es gewiss die richtige Entscheidung.