27.01.2017 -
In den achtziger Jahren entfachte US-Präsident Ronald Reagan einen Wirtschaftsboom. Reagan setzte auf Steuersenkungen, Infrastrukturprogramme und Bürokratieabbau. Das will auch Donald Trump. Kann der neue Präsident ähnliche Erfolge erzielen?
Beim Blick auf die Aussagen des neuen US-Präsidenten Donald Trump in den vergangenen Monaten werden einige Erinnerungen wach. Die Steuern senken? Auf Pump in die Infrastruktur investieren? War da nicht schon mal was?
In den achtziger Jahren gab es bereits einen unkonventionellen US-Präsidenten. Als der Schauspieler Ronald Reagan im Januar 1981 seine Präsidentschaft antrat, begann das Zeitalter der „Reaganomics“. Reagan setzte harte Reformen durch.
Die Bilanz des (größtenteils schuldenfinanzierten) Wachstumsprogramms kann sich sehen lassen.
Der kleine Exkurs in die Welt volkswirtschaftlicher Daten lässt erahnen, welchen Wirtschaftsboom „Reaganomics“ für die Vereinigten Staaten bedeutete.
Zuletzt kündigte der neue US-Präsident Donald Trump auf Wahlkampfreden (oder mal eben auf Twitter) an, die Steuern zu senken, in die Infrastruktur zu investieren und Bürokratie abzubauen. Nicht nur Portfoliomanager wie ich stellen sich daher die Frage: Steht die USA nun vor einer „Trumponomics“, einem nachhaltigen und lang andauernden Schub für die größte Volkswirtschaft der Welt?
Danach sieht es – nach unserer Einschätzung jedenfalls – wohl eher nicht aus. Denn die Ausgangslage für die neue US- Regierung ist eine völlig andere als die, die Ronald Reagan 1981 bei seinem Amtsantritt vorfand. Die Vereinigten Staaten steckten damals in einer Rezession, die Inflationsrate und die Zinsen waren zweistellig, die Staatsverschuldung gering, der Spitzensteuersatz für Privatpersonen dagegen sehr hoch.
Heute ist es genau umgekehrt: Die Wirtschaft wächst, Inflation und Zins befinden sich auf sehr niedrigem Niveau; die Staatsverschuldung ist hoch und der Spitzensteuersatz eher moderat.
Besonders wichtig ist der Blick auf den Schuldenberg. Mittlerweile sind die USA mit 108 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) verschuldet. Das reicht fast an den historischen Höchststand von 1946 heran. Allein durch die geplante Einkommen- und Unternehmensteuerreform würde der US-Haushalt nach unseren Berechnungen um jährlich rund 200 Milliarden US-Dollar zusätzlich belastet.
Die Frage ist deshalb, ob sich die Amerikaner angesichts ihrer gewaltigen Schulden, die Trump’schen Konjunkturpläne überhaupt leisten können; zumal viele Republikaner im Kongress einer massiven Ausweitung der Staatsschulden traditionell kritisch gegenüberstehen.
Und selbst wenn der Kongress alle geplanten Maßnahmen durchwinken würde, bliebe immer noch die Frage nach deren Effektivität. Investitionsprogramme wirken nicht sofort, sondern langfristig. Steuersenkungen kommen zwar direkt an; ungewiss ist aber, ob Unternehmen die Ersparnis auch für Investitionen nutzen, statt sie für Aktienrückkäufe, Dividendenerhöhungen oder Übernahmen zu verwenden. Ganz ähnlich sieht es bei den Privathaushalten aus: Statt zu konsumieren, könnten sie das ersparte Geld lieber auf ihr Konto packen oder Kredite tilgen.
Und selbst wenn es der Trump-Regierung gelänge, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, könnte der Aufschwung schon bald wieder vorbei sein. Der erwartete Konjunkturimpuls schürt Inflationserwartungen. Dem müsste die amerikanische Notenbank Rechnung tragen, indem sie die Leitzinsen weiter anhebt, während andere Notenbanken, allen voran die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan, an ihrer Nullzinspolitik festhalten.
Was bedeutet das für die Finanzmärkte? Der US-Dollar würde weiter aufwerten, weil das Zinsniveau in den USA noch deutlich attraktiver würde als in anderen Volkswirtschaften und Investoren ihr Geld deshalb nach Amerika brächten. Irgendwann würde der starke Dollar aber zu einem Problem für die US-Unternehmen und damit für die gesamte amerikanische Wirtschaft, da deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Volkswirtschaften litte.
Zinsanstieg und Dollar-Aufwertung haben also eine natürliche Grenze. Man könnte das mit einem Feuer vergleichen, dem man den Sauerstoff entzieht. Zum Jahreswechsel notierten zehnjährige US-Staatsanleihen mit 2,5 Prozent auf einem im internationalen Vergleich recht üppigem Niveau. Der Abstand zu den fast renditelosen zehnjährigen deutschen Bundesanleihen ist seit der US-Wahl von 1,75 auf 2,3 Prozentpunkte gestiegen und hat den höchsten Stand seit Ende der achtziger Jahre erreicht. Dies macht US-Anleihen deutlich attraktiver und stärkt den Dollar.
Zu einem Problem könnten auch Trumps Pläne werden, die heimische Wirtschaft durch Einfuhrzölle auf Kosten der Handelspartner aufzupäppeln und den US-Arbeitnehmern ausländische Konkurrenz durch Einwanderungsbeschränkungen vom Leib zu halten. Einfuhrzölle würden vor allem den Geldbeutel ärmerer Bevölkerungsschichten belasten und damit viele Trump-Wähler verprellen; Einwanderungsbeschränkungen träfen vor allem den Dienstleistungssektor und die Technologieunternehmen im Silicon Valley. Außerdem könnten Strafzölle gegen China und andere wichtige Handelspartner Vergeltungsmaßnahmen zur Folge haben, die das internationale Geschäft der US-Konzerne belasten.
Protektionismus belastet die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie, erhöht die Lebenshaltungskosten und senkt den Wohlstand der Bevölkerung. Man kann nur hoffen, dass sich Trumps Berater dieses Zusammenhangs bewusst sind.
Geldanleger sollten sich hingegen bewusst werden: Donald ist nicht Ronald. Die Zeiten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert. Die USA und die Welt ebenfalls.