13.07.2017 -
Die Notenbanken werden ihre Geldpolitik angesichts des Schuldenproblems nur schwerlich normalisieren können. Sie haben den „Point of no Return“, den kritischen Punkt, unseres Erachtens überschritten. Für Anleger hat das gravierende Folgen. Der dritte Teil der Serie „Robust investieren“.
Das gilt im Besonderen für die europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan (BoJ). Auch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wird ihren Leitzins nicht im Alleingang kräftig anheben können, zumindest nicht auf Niveaus, die wir aus vergangenen Jahren und Jahrzehnten gewöhnt waren – vier, fünf oder gar noch mehr Prozent. Sie wird sich langfristig daran orientieren müssen, was in anderen Währungsräumen passiert.
Denn der höhere Zins macht den US-Dollarraum für Investoren interessant. Sie kaufen US-Anleihen und -Aktien, der US-Dollar wertet kräftig auf. Der starke Dollar wird aber irgendwann zu einem Problem für die US-Unternehmen und damit die gesamte US-Wirtschaft, weil deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Volkswirtschaften leidet. Zinsanstieg und Dollaraufwertung dürften unseres Erachtens eine natürliche Grenze haben.
Das Problem ist, dass die Notenbanken mit ihrer Medizin nur die Symptome der Krankheit behandeln können - und nicht deren Ursachen. Schlimmer noch: Der Patient reagiert kaum noch, wenn die Medikation heraufgesetzt wird. Nichtsdestotrotz werden die Notenbanken genau das tun, weil es von ihnen erwartet wird – von Investoren und Politikern gleichermaßen. Die Notenbanker haben in den vergangenen Jahren Erwartungen geweckt, die kaum noch zu erfüllen sind. Ein gutes Beispiel dafür ist das Versprechen von EZB-Präsident Mario Draghi, den Euro mit aller Macht zu verteidigen – koste es, was es wolle.
Im Vertrauen auf die Notenbanken hat sich eine globale Spekulationsmentalität entwickelt, die in jeder Krisensituation fest auf geldpolitischen Beistand baut. Dass die Notenbanken mit dem immer gleichen Reflex einer möglichst lockeren Geldpolitik auf (potenzielle) Krisen reagieren, ist dabei fester Bestandteil der Markterwartungen.
Ganz ähnlich verhält es sich mit der Politik. Regierungen in aller Welt verlassen sich heute auf die Zentralbanken, statt notwendige, aber schmerzhafte Strukturreformen auf den Weg zu bringen. Mit Reformen gewinnen Politiker keine Wahlen. Nirgendwo lässt sich das derzeit so gut beobachten wie im Süden der Eurozone; für die sogenannten Peripheriestaaten ist der Niedrigzins schlicht überlebensnotwendig.
Was den hochverschuldeten Staaten hilft, ist für deutsche Sparer ein Problem: Seit Jahren schmelzen ihre Zinserträge dahin. Tages- und Festgeld werfen nur noch Mini-Zinsen ab – wenn es überhaupt noch etwas gibt. Der Garantiezins der kapitalbildenden Lebensversicherung ist bei neuen Policen kaum mehr der Rede wert. Der Zinseszins-Effekt, also die Kapitalisierung der bereits aufgelaufenen Zinsen, früher oft und gerne als das achte Weltwunder gepriesen, vermag nicht länger Wunder zu bewirken.
Im vierten Teil unserer Serie wird es kommende Woche um die Folgen der Geldpolitik für Anleger gehen.
Alle Teile der Serie, die bislang erschienen sind, finden Sie hier:
Teil 1 - Robust investieren – Eine Anlagestrategie im Zinstief
Teil 2 - Negativzinsen? Hat es noch nie gegeben
Teil 3 - Die Zinsen bleiben niedrig – Sparer müssen darben
Teil 4 - Die Inflation frisst das Ersparte auf
Teil 5 - Drei Regeln für eine bessere Geldanlage
Teil 6 - Ohne Aktien geht es nicht
Teil 7 - Anleihen? Sie müssen nur die richtigen finden!
Teil 8 - Gold - Versicherung für Krisenzeiten