31.08.2022 -
Wer Aktien kauft, kommt nicht um das Thema herum: „Value“ oder „Growth“? Aber ist die Frage, die so oft gestellt wird, wirklich so wichtig?
Viele Bücher wurden und werden über das Thema geschrieben, noch mehr Vorträge darüber gehalten – über „Value-“ und „Growth-Aktien“. Also einerseits über Aktien, die von der Börse zu Unrecht verschmäht werden und andererseits Unternehmen, die aufgrund ihres Wachstumspotenzials bei Investoren besonders beliebt sind. Darüber, welche von beiden in welchem Börsenumfeld besser funktionieren.
Wir sind zuletzt häufig gefragt worden, ob nicht genau jetzt die Zeit der Value-Investoren gekommen sei.
Wir müssen gestehen, das ist keine Frage, die uns sonderlich umtreibt. Wichtig ist in Zeiten hoher Inflationsraten vor allem, Unternehmen zu identifizieren, deren Produkte und Dienstleistungen begehrt sind und die deshalb über genügend Preissetzungsmacht verfügen. Diese Unternehmen bieten nicht nur Inflationsschutz, sondern langfristig auch ein reales Wertzuwachspotenzial.
Trotzdem wollen wir uns nicht um eine Antwort drücken. Was verstehen wir unter „Value Investing“ – oder: was ist überhaupt ein „Value-Investor“?
Doch jemand, der versucht, sich über den ökonomischen Wert eines Investments klar zu werden. Ist der Preis einer Aktie höher oder niedriger als ihr ökonomischer, ihr intrinsischer Wert? Je niedriger, umso besser.
Wenn wir auf das Thema angesprochen werden, hat der Fragesteller aber oft anderes im Sinn, ein anderes Verständnis des Begriffes, der mit der – wie wir finden – künstlich konstruierten Unterscheidung zwischen „Value“ und „Growth“ einhergeht, was möglicherweise Fehlern Vorschub leistet.
Meist geht es ihm darum, Value-Aktien anhand bestimmter Finanzkennziffern zu identifizieren. So muss eine Value-Aktie zwingend ein niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) und/oder ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) aufweisen, dazu eine möglichst hohe Dividendenrendite. Falls dem so ist, gilt die Aktie als günstig; zugegeben, das ist stark vereinfacht ausgedrückt.
Leider gibt es oft gute Gründe, warum ein Investment sehr günstig – oder sagen wir besser: billig – ist. Oft verbergen sich hinter den vermeintlichen Schnäppchen margenschwache, sehr konjunkturabhängige Unternehmen, deren künftiges Gewinnpotenzial sich nicht zuletzt deshalb sehr schwer vorherhersagen lässt. Anders ausgedrückt: Was heute „billig“ ist, kann einen Investor morgen teuer zu stehen kommen.
Wir schauen viel lieber auf Unternehmen, die vergleichsweise stabil wachsen und deren künftige Erträge sich möglichst seriös vorhersagen lassen. „Value“ lässt sich unseres Erachtens dort sehr viel besser erkennen, auch wenn diese Unternehmen meist nicht als „Schnäppchen“ daherkommen.