17.05.2019 - Frank Lipowski

Die ewige Null – oder was Europa mit Japan verbindet


Die ewige Null – oder was Europa mit Japan verbindet

Am Anleihemarkt zeigt sich ein interessantes Phänomen. Bundesanleihen rentieren tiefer im Minus als Staatsanleihen aus Japan. Dabei gilt Japan doch als Musterbeispiel für endlose niedrige Zinsen.

Wir leben in historischen Zeiten. Erstmals seit Dekaden rentieren deutsche Bundesanleihen schwächer als ihre Pendants in Japan. Nicht nur bei kurzen Laufzeiten, nun auch über die gesamte Bandbreite (vgl. Grafik 1).

Sehr lange rentierten japanische Staatsanleihen deutlich schlechter als Deutsche. Im Zuge der Marktentwicklung der vergangenen Tage änderte sich das (vgl. Grafik 2). Die Entwicklung ist deshalb so bemerkenswert, weil Japan als Musterland für gefühlt ewig währende Null- und Minuszinsen gilt. Seit mehr als 20 Jahren notiert der japanische Leitzins unter der Marke von einem Prozent. Damit nicht genug, „Nichigin“, die Bank of Japan (BoJ), kauft Staats- und Unternehmensanleihen und Aktien japanischer Unternehmen. Sie garantiert, dass zehnjährige japanische Staatsanleihen nahe null Prozent rentieren. Deutlich unterhalb des Wirtschaftswachstums. Japan steht für eine besonders massive Form von Eingriffen der Notenbank in die Finanzmärkte.

Nun schauen nicht mehr die Europäer auf die „Japanisierung“ ihrer Zinslandschaft – die Japaner schauen auf Europa. Zehnjährige deutsche Bundesanleihen rentieren gut zehn Basispunkte niedriger als die Nipponbonds. Wenn sich die neue „Europäisierung“ der Zinspolitik fortsetzt, könnten andere Notenbanken unter Zugzwang geraten. Neben der Bank of Japan könnte dann auch die Schweizer Notenbank (SNB) in einen Absenkungswettlauf eintreten – etwa wenn Zinsanlagen in Schweizer Franken im Vergleich zur Eurozone wieder attraktiver erscheinen und die Währung aufwerten würden. Bereits im April erklärte SNB-Präsident Thomas Jordan, dass seine Notenbank noch Raum für Zinssenkungen und – falls erforderlich auch für Interventionen an den Devisenmärkten hat.

Offensiv ins Obligo

Japan und die Eurozone haben das gleiche Problem: steigende Schulden. In Japan liegt die Staatsschuldenquote bereits bei 237 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Zum Vergleich: In Europa liegt die Quote noch bei gut 85 Prozent – wobei es innerhalb der Länder große Unterschiede gibt (vgl. Grafik 3).

Die Schulden der Industriestaaten steigen, dass sie jemals wieder beglichen werden, ist wenig wahrscheinlich. Und so bleiben letztlich zwei Möglichkeiten, um die Staatskredite dauerhaft finanzieren zu können: der große Schuldenschnitt oder dauerhaft niedrige Zinsen. Oder anders formuliert: Wer den Euro möchte, braucht niedrige Zinsen. Nur dann können hoch verschuldete Länder wie etwa Italien ihre Haushalte finanzieren. Die ultraexpansive Geldpolitik des scheinbar ewigen Niedrigzinslandes Japan könnte also eine Art Blaupause für Europa sein.

Anleihen? Immer noch interessant.

Die Tatsache, dass es (allzu oft) keine Zinsen mehr gibt, bedeutet aber nicht, dass eine Anlage in Nominalwerte sinnlos wäre. Allerdings müssen Anleger, die auf dem Zinsmarkt noch etwas verdienen möchten, neue Wege gehen. Vergessen Sie die „Rendite p.a.“, denn es reicht längst nicht mehr aus, einfach eine Anleihe mit guter Bonität zu erwerben und dann bis zur Endfälligkeit liegen zu lassen.

Viele Marktteilnehmer haben im vergangenen Jahr noch mit steigenden Zinsen gerechnet und schwenken nun um. Die neue Situation kann zu Unregelmäßigkeiten im Zinsgefüge führen. Einige Anleihen könnten deshalb unter ihrem „fairen Wert“ gehandelt werden. Sollten die Zinsen weiter fallen, wären bei Anleihen Kursgewinne möglich. Auch durch die Vielzahl der verschiedenen Anleihearten und Laufzeiten können sich Chancen ergeben.

Nur mit einer flexiblen und aktiven Anlagestrategie, die alle Ertragsmöglichkeiten der Anlageklasse nutzt, lassen sich diese nutzen. Als aktiver Vermögensverwalter, bei dem Multi Asset zur Unternehmens-DNA gehört, schätzen wir Anleihen sehr. Sie sind berechenbarer als Aktien und können dabei helfen, den Wert eines Vermögens zu stabilisieren. Und im besten Falle können sie bei einer aktiven und opportunistischen Anlagestrategie auch im historischen Zinstief langfristig das Potenzial ansprechender Renditen bieten.

 

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