26.04.2018 -
Die USA könnten Vorreiter einer weltweiten Zinswende sein. Die Wirtschaft brummt und die Geldpolitik wird restriktiver. Wären da nicht die Staatsschulden… Lesen Sie den 3. Teil unserer Zinsserie.
Auf der Suche nach der Zinswende lohnt ein Blick in die USA. Nicht umsonst verweisen viele Marktbeobachter auf die größte Volkswirtschaft der Welt – auf der Suche nach einem Beispiel für den globalen Vorreiter auf dem Weg zurück in Zeiten, als es noch auskömmliche Zinsen gab.
Und tatsächlich: Zumindest auf den ersten Blick scheint die Geldpolitik hier auf einem gänzlich anderen Weg zu sein, als in den Nullzinsregionen Europa oder Japan. Seit 2015 hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den Leitzins in sechs Schritten von null auf 1,5 bis 1,75 Prozent erhöht und weitere Zinsschritte in Aussicht gestellt. Die Rendite von US-Staatsanleihen ist von 1,4 Prozent auf inzwischen gut drei Prozent gestiegen (was gemessen am nominalen Wirtschaftswachstum und angesichts der erwarteten Konjunkturimpulse der US-Steuerreform allerdings immer noch sehr niedrig ist).
War das nur der erste Schritt auf dem Weg hin zu auskömmlichen Renditen, die bei zehnjährigen US-Staatsanleihen vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 noch bei gut 4,5 Prozent lagen? Dagegen spricht: Ein deutlicher Renditeanstieg in den USA würde die Zinsausgaben hochschnellen lassen. Der Schuldenstand der USA beträgt rund 108 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Kräftig anziehende Renditen von US-Staatsanleihen könnten das ohnehin schon hohe Haushaltsdefizit des hochverschuldeten Staates weiter erhöhen und letztlich aus dem Ruder laufen lassen. Jeder Prozentpunkt mehr an Zinsen kostet die USA rund 200 Milliarden US-Dollar.
Damit nicht genug: Da die US-Notenbank ihren Bestand an Staatspapieren langsam abbaut, sinken auch ihre Rücküberweisungen der vom Staat gezahlten Zinsen an das Finanzministerium. Schließlich würde auch der für die US-Wirtschaft so wichtige Immobiliensektor unter einem deutlichen Renditeanstieg leiden und das Wirtschaftswachstum dämpfen.
Das Potenzial für einen Anstieg der Zinsen und Anleiherenditen ist also auch in den USA begrenzt. Ein nachhaltiger Renditeanstieg könnte eine selbstzerstörende Kraft entwickeln. Hinzu kommt, dass sich der Konjunkturaufschwung bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindet. Im Frühjahr 2019 könnte der Boom den Nachkriegsrekord von zehn Jahren überschreiten.
Unseres Erachtens wäre es vermessen, davon auszugehen, dass die Wirtschaft noch jahrelang ihr derzeitiges Wachstumstempo halten kann. Wahrscheinlicher scheint, dass die USA in nicht allzu ferner Zeit auf einem rekordhohen Schuldenberg sitzt – und sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet.
Auch in Europa wird der Konjunkturboom nicht ewig andauern. Im Gegensatz zur US-Notenbank hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Falle eines Abschwungs angesichts von Nullzinsen aber kaum noch Manövriermasse. Zinserhöhungen hat sie bis mindestens Mitte 2019 ausgeschlossen. Vielleicht reicht es am Ende des Konjunkturaufschwungs noch für einige kleine Zinsschritte – aber viel mehr wird angesichts der fragilen Struktur der Eurozone selbst im Fall einer anziehenden Inflation kaum drin sein.
Das war der 3. Teil unserer Serie über die (un-)mögliche Zinswende. Lesen Sie am Freitag im letzten Teil der Serie, was passieren würde, wenn die Zinsen in Deutschland tatsächlich kräftig steigen würden.
Lesen Sie hier die anderen drei Teile unserer Zinsserie: