10.10.2017 -
Mehr als zehn Jahre dauerte der Boom der Aktien aus den Emerging Markets. Dann ging es steil bergab. Sehen wir jetzt die Trendwende? Ein Marktbericht.
Die Rally bei Schwellenländer-Aktien begann kurz nach der Jahrtausendwende. China fachte den Boom an. Zunächst mit starken Wachstum und einem Rohstoffhunger, von dem viele andere Schwellenländer profitierten. Jahrelang stiegen die Kurse von zahlreichen Aktien aus Ländern wie Brasilien, Indien oder Indonesien (um nur einige Beispiele zu nennen) stärker als die der Papiere aus klassischen Industrienationen. Nach dem starken Einbruch im Zuge der Finanzkrise war es wieder China, das für eine fulminante Erholung sorgte – diesmal mit staatlich finanzierten Konjunkturstimuli.
Doch schon bald setzte die Ernüchterung ein. Und wieder kam das Initial aus China, in dem die Konjunktur abkühlte und die Rohstoffpreise auf Talfahrt schickte. Seit dem Jahr 2011 fiel die Wertentwicklung von Emerging-Marktes-Aktien gegenüber den Titeln aus den Industrienationen zurück. Kommt nun eine Trendwende, eine Renaissance der Titel aus den aufstrebenden Volkswirtschaften?
Die Zuflüsse in Schwellenländerfonds stiegen zuletzt merklich an. Bis Mitte September flossen umgerechnet mehr als 50 Milliarden US-Dollar in diese Produkte. Für viele Anleger dürfte sich das Investment gelohnt haben. Seit Jahresbeginn betrug das Plus beim Schwellenländermarkt (MSCI Emerging Markets inkl. Dividenden in Euro) bis Mitte September knapp 15 Prozent. Das ist zehnmal so viel wie beim Weltmarktindex MSCI World (inkl. Dividenden in Euro). Mehrere Gründe erklären unseres Erachtens das jüngste Comeback der Emerging Markets:
Natürlich sind die Bedingungen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Es ergibt keinen Sinn, alle über einen Kamm zu scheren. Das gilt etwa für Brasilien, das die schwerste Rezession in der Geschichte allmählich überwindet. In Indien wurden zuletzt einige wichtige Reformen verabschiedet, die zu temporären Wachstumsrückgängen führen, das Land unseres Erachtens allerdings langfristig auf einen solideren Wachstumspfad stellen können. Ein Beispiel dafür wäre die Einführung einer einheitlichen, nationalen Mehrwertsteuer, die bislang in jedem Bundesstaat anders berechnet wurde und zu erheblichen Ineffizienzen führte. Auch in Indonesien wurden zuletzt umfangreiche Strukturreformen implementiert. In allen diesen Ländern gibt es interessante Unternehmen, regionale Marktführer und Trendsetter, die für Anleger nach unserer Einschätzung einen Blick wert sein könnten.
Bei der Auswahl sollten Anleger unseres Erachtens genau hinsehen. Wie in anderen Märkten auch bevorzugen wir Qualitätsaktien. Neben soliden Bilanzen ist unseres Erachtens auch eine hohe Qualität des Managements wichtig. In Schwellenländern sind die Anforderungen an die Unternehmenslenker besonders hoch – sie müssen Geschäftsmodelle entwickeln, die in einem sehr dynamischen Umfeld erfolgreich sind. Im Vergleich zu Staatskonzernen schneiden private Unternehmen nach unserer Einschätzung oftmals besser ab. Es macht eben einen Unterschied, ob ein Konzern von einem Unternehmer geführt wird – oder einem Bürokraten. Hinzu kommt, dass private Unternehmen häufig offener für die Interessen von Minderheitsaktionären sind. Viele Staatskonzerne sind nach unseren Erfahrungen nicht immun gegen die Einflussnahme der Mehrheitsaktionäre, die aus der Politik oder Regierungskreisen kommen – und die oftmals dem Interesse des Unternehmens widersprechen können.