17.01.2019 -
Die EZB will aus der lockeren Geldpolitik aussteigen. Doch: Kann sie das? Ein Blick auf die Krise von Italiens Banken nährt Zweifel: 2019 steht eine wichtige Refinanzierungsrunde an.
Mit Krediten ist das so eine Sache. Dient der Kredit der Investition, oder soll er einen finanziellen Engpass überbrücken? Im ersten Fall dient dem Kredit ein materieller Gegenwert als Sicherheit. Im zweiten Fall herrscht das Prinzip Hoffnung: Nutzt der Kreditnehmer die Zeit, die er sich mit dem Kredit erkauft?
Im Grunde handelt auch die Europäische Zentralbank (EZB) nach diesem Grundsatz: EZB-Präsident Mario Draghi wird nicht müde zu betonen, dass die Kreditnehmer der EZB wie zum Beispiel Staaten und Banken der Eurozone, die durch die Kredite erkaufte Zeit für nötige Strukturreformen nutzen müssen. Ob das immer gelingt? Fraglich.
Die europäischen Banken liefern hier ein gutes Beispiel: In den Jahren 2016 und 2017 hat die EZB vielen schwachen Banken sogenannte TLTRO-Kredite gewährt, um deren Ertrags- und Liquiditätslage zu schützen. Bei den TLTRO-Krediten handelt es sich um spezielle Langfrist-Kredite für Banken (TLTRO =Targeted Longer-Term Refinancing Operations).
Banken, die Angst davor haben (müssen), dass besorgte Kunden ihr Geld abziehen könnten, sind kaum in der Lage Kredite auszureichen, wenn sie diese nicht längerfristig refinanzieren können. Weil dies am Kapitalmarkt, wenn überhaupt, nur zu sehr hohen Zinsen möglich wäre, sind die TLTROs für die Banken eine Rettungsleine, die eine planbare und sehr günstige Refinanzierung von Krediten ermöglicht und damit auch die Liquiditätsquote verbessert.
Dazu müssen die TLTROs aber noch eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr aufweisen. Die im Sommer 2020 fällig werdenden Tranchen müssten also spätestens im Sommer 2019 erneuert werden. Dabei geht es um Milliarden: Insgesamt umfasst das TLTRO-Programm der EZB 717 Mrd. Euro. Davon haben italienische Banken 239 Mrd. Euro, spanische 167 Mrd. Euro, französische 114 Mrd. Euro und deutsche Institute 88 Mrd. Euro in Anspruch genommen. Im Schnitt lässt sich konstatieren: Je schwächer eine Bank aufgestellt ist, desto mehr hat sie auf die günstigen Langfristkredite der EZB zurückgegriffen.
Ob die TLTROs aber alle Banken am Leben halten können, ist angesichts der weitverbreiteten Bilanzschwäche fraglich. Gerade in den Bilanzen einiger kleinerer italienischer Banken schlummern faule Kredite in Milliardenhöhe, denen kein ausreichendes Eigenkapital gegenübersteht.
Vor diesem Hintergrund agiert die EZB. Sie muss im Grunde drei Entwicklungen verhindern: Ein Abrutschen in eine tiefe Rezession, eine erneute Bankenkrise und ein Auseinanderfallen der Gemeinschaftswährung – wobei diese drei Risiken sich gegenseitig beeinflussen.
Wir gehen davon aus, dass die EZB – wie die anderen großen Notenbanken – keine größeren Strukturbrüche zulassen möchte. Sollten Risiken wie eine wirtschaftliche Abkühlung konkreter werden, wird die EZB nicht untätig zusehen, sondern zu unkonventionellen Maßnahmen wie den beschriebenen TLTROs, erneuten Anleihekäufen oder bisher unerprobten Mitteln wie Helikoptergeld greifen.